Umfassende Studie zur Situation der Retail-Geldinstitute
Die jüngste Ausgabe der großen Moonroc-Studie der Bankinstitute zeigt aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für den Bankensektor auf. Auch die Bankinstitute befinden sich fest im Griff der weltweiten Corona-Pandemie. Neue Schuldenberge, Überliquidität und veraltete Strukturen bedrohen und behindern die Geldinstitute, die Branche sucht nach neuen Lösungen.
Geldinstitute im Wandel: Autonomes Banking ersetzt die Filialbank
So hat sich in den vergangenen zwölf Monaten gezeigt, dass Banking auch ohne Filialen funktioniert. Angeschoben durch mehrere Lockdowns sind Kunden in ihrem Service- und Abschlussverhalten in andere Kanäle gewandert und schaffen mit ihrem täglichen Kundenverhalten eine neue Realität. Doch die Filialen der Kreditinstitute schiefläuft. Veraltete Strukturen bremsen die Banken müssen nicht zwangsläufig verschwinden. Einige Bankprodukte, wie Baufinanzierungen, Vorsorge- und Investmentprodukte, werden weiter eher über den persönlichen Kontakt erworben. Hier sei ein hybrider Ansatz nötig, der digitale und physische Touchpoints verbinde, heißt es in der Moonroc-Studie.
Neue Anbieter und Internetbanken können Kunden für sich begeistern
New Players, junge Internetbanken und Fintechs gewinnen signifikante Marktanteile und bestimmen ganze Branchentrends im Bankwesen. Neue Neobanken schaffen es, Kunden Schritt für Schritt für sich zu begeistern. Die klassischen Kreditinstitute sind hingegen dabei, ihren Vertrauensvorsprung zu verlieren. Es fällt ihnen schwer, die Geschwindigkeit, Innovationskraft und Investitionsbereitschaft der jungen Wettbewerber mitzugehen. Trotz mancher Anfangsschwierigkeiten steigt die Kundenakzeptanz gegenüber den neuen Internetbanken.
Bedeutung der Big Techs im Bankwesen nimmt zu
Je stärker das Bankleben online stattfindet, desto bedeutender wird die Rolle und Funktion der Big Techs. Sie sind vor allem an den neuen Kundenschnittstellen wie Marktplätzen und Suchmaschinen im Internet zu finden. Geldhäuser sind heute in zunehmendem Maße bereit, ihre IT ausgerechnet in die Hände der großen Technologiekonzerne zu legen. Während klassische Outsourcing-Angebote nur begrenzt Zustimmung von Geldinstituten fanden, sind Lösungen unter dem Begriff Cloud heute sehr nachgefragt. Die Tech-Player wiederum freuen sich, noch tiefer in die Prozesswelt der Finanzinstitute vorstoßen zu können.
Finanzinstitute scheitern an ihrer Komplexität
Die eigene Komplexität macht vielen Geldhäusern sehr zu schaffen. Die Mehrheit der Mitarbeiter ist in interner Bürokratie und Prozessen gefangen. Eine Weiterentwicklung des Bankings in Richtung Zukunft, schnelle Antworten auf neue Möglichkeiten und neue Chancen im Markt sind in einer solchen Organisationsstruktur kaum erreichbar. Die Geldinstitute bremsen sich selbst aus und halten das alte operative Modell am Laufen, anstatt ein neues aufzubauen.
Digitalisierung zerstört Margen der Angebote von Finanzinstituten
Mit zunehmender Digitalisierung sinkt das Margenpotential der klassischen Bankprodukte. Durch digitale Prozesse werden Transaktionskosten gesenkt und andere, digitale Vertriebs- und Abwicklungsformen ermöglicht. Hinzu kommt der Niedrigzinseffekt, der Bankerträge deutlich schrumpfen lässt. So sind die Zinserträge der deutschen Kreditinstitute laut Moonroc-Kompass 2021 von 303 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf 162,8 Milliarden Euro in 2019 abgestürzt. Dennoch zählen die Euroländer weiterhin ca. 4.400 Bankhäuser. Dies erscheint viel zu viel für ein Geschäft, welches aufgrund der Technisierung große Investitionen benötigt und zeitgleich aufgrund der Niedrigzinsen immer geringere Erträge und Margen ermöglicht. Eine Konsolidierungswelle der Banken ist unausweichlich.
Geldflut und künstliche Entlastungen
Mit der Politik des billigen Geldes entzieht die Europäische Zentralbank (EZB) einigen Geldhäusern quasi über Nacht ihr Geschäftsmodell. Gleichzeitig schafft sie aber auch künstliche Entlastungen in Form der sogenannten Langfristtender (TLTROs) und erzeugt mit der Geldflut Sonderkonjunkturen, zum Beispiel im Wertpapiergeschäft, bei Immobilien und bei Coins. “Die aktuell ordentlichen Geschäftszahlen einiger Geldhäuser dürfen nicht als erste Erfolge neuer Bankstrategien missinterpretiert werden”, warnt Dr. Torsten Stuska, Partner bei Moonroc: “Tatsächlich erzeugt die EZB über TLTROs und mit der Flut an neuem Geld für viele Geldhäuser windfall profits. Die aktuellen Stützungsprogramme der Zentralbanken sollten eher als Brückenfinanzierung verstanden werden. In der Übergangszeit gilt es für Banken, ihre Geschäftsmodelle sehr grundlegend an die neue Bankenwelt anzupassen”, so Stuska.
Internet-Broker mit ETF-Sparplänen als Gewinner
Nahezu alle Anlageklassen gewinnen in der neuen Welt der Überliquidität. Das viele neue Geld sucht verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten. So hat sich beispielsweise die Anzahl an ETF-Sparplänen in Deutschland in den letzten zwei Jahren von 1,3 Millionen auf 2,5 Millionen nahezu verdoppelt (+89 Prozent). Auch die zunehmende Bepreisung der Giro- und Spareinlagen von Privatkunden wird günstigen neuen Anlageklassen wie ETFs weiter ein hohes Wachstum bescheren. Bis 2025 rechnen die Studienautoren mit ca. 7,5 Millionen ETF-Sparkonten in Deutschland.